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Was tun gegen Bildungsbenachteiligung?

Beim Thema Weiterbildung werden bildungsbenachteiligte Frauen oft zu wenig angesprochen oder zur Teilnahme ermuntert. Im Interview erklärt FairPlusService-Projektleiterin Bettina Behr wie es gelingen kann.

Ein wichtiger Schwerpunkt von FairPlusService ist es, Aus- und Weiterbildung von gering qualifizierten und dequalifiziert beschäftigten Frauen zu unterstützen, da diese Mitarbeiterinnen bisher wenig Zugang zu Bildungsangeboten haben. „Die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen des Berufs-, Familien- und Privatlebens ist noch nicht erreicht“, attestiert FairPlusService-Projektleiterin Bettina Behr. Auch beim Thema Weiterbildung werden bildungsbenachteiligte Frauen oft zu wenig angesprochen oder zur Teilnahme ermuntert. Im Interview gibt die Expertin Antworten auf die brennendsten Fragen.

Wo liegen die Gründe für Bildungsbenachteiligung?

Bettina Behr: Oft werden Frauen von herkömmlichen Bildungsangeboten nicht direkt angesprochen oder sie können sich Weiterbildung nicht leisten. Vielfach sind sie mit Vereinbarkeitsthemen und auch familiären Widerstand konfrontiert, die eine Teilnahme verhindern. Eine zusätzliche Hürde sind negative Lernerfahrungen aus der Schulzeit wie z.B. die Angst vor Prüfungssituationen oder Ähnliches, die im Erwachsenenalter nicht einfach überwunden werden können.

Wie können Frauen ohne formal abgeschlossene Ausbildung für Weiterbildungsmaßnahmen begeistert werden?

Es ist zum einen notwendig, die Unternehmen als wesentliche Entwicklungspartner*innen für die Frauen zu gewinnen. Das Zutrauen und die Unterstützung der Unternehmensleitungen und Personalverantwortlichen sind dabei enorm wichtige Faktoren. Zum anderen sind Beratungs- und Weiterbildungsangebote methodisch und didaktisch sowohl für die Unternehmen wie auch für Mitarbeiterinnen nach den Prinzipien der Querschnittsthemen Gleichstellung, Chancengleichheit, Gender Mainstreaming und Diversity Management zu planen und umzusetzen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Gender Mainstreaming und Diversity Management? 

Gender Mainstreaming zielt darauf, Strukturen zu schaffen, die die gleiche Teilhabe von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen ermöglichen. Beim Diversity Management stehen die Unterschiede und die Vielfalt von Menschen im Mittelpunkt. Das Ziel ist hier, Verschiedenheit positiv wahrzunehmen, wertzuschätzen und als Potenzial für Innovation und Weiterentwicklung zu sehen.

Verstehe. Aber was braucht es konkret, damit Qualifizierung gelingen kann?

Wie gesagt, eine wichtige Voraussetzung für die berufliche Weiterentwicklung und Höherqualifizierung von Frauen in Niedriglohnbranchen ist es, die Unternehmensleitungen und Personalverantwortlichen für unsere Analyse- und Beratungsangebote zu gewinnen. So kann Sensibilisierung erreicht werden und Möglichkeiten zur strukturellen Veränderung der Unternehmenskultur werden eröffnet. Für die Gewinnung und Einbindung der Mitarbeiterinnen ist es wesentlich, ihre Lebenssituationen und -bedingungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu reflektieren. Beratungs- und Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiterinnen sind so zu konzipieren, dass die individuellen Bedarfe der Frauen sowie mögliche (Lern-)Barrieren berücksichtigt werden. Wichtig ist auch, dass gemeinsam mit den Teilnehmerinnen (wieder) die Lust aufs Lernen gestärkt wird. Sie werden in ihrer Entwicklungs- und Lernkompetenz gefördert und es werden positive Lernerfahrungen geschaffen. Das Konzept des lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernens – Erlernen und Weiterentwicklung von Schlüsselkompetenzen und konsequente Wissenserweiterung – werden sowohl in den Unternehmen wie auch den beschäftigten Frauen kontinuierlich vermittelt.

Was, wenn die betroffenen Frauen nicht wollen, die Förderung gar als Strafe verstehen?

Eine wesentliche Grundvoraussetzung ist die freiwillige Teilnahme an Beratungs- und Coaching-Angeboten. Es braucht die Unterstützung von der Unternehmensseite, das Interesse Neues zu lernen zu wecken und zu fördern. Auch der Wunsch sich weiterzuentwickeln ist eine wichtige Motivation für die Teilnehmerinnen. Lernen lernen benötigt auch klar definierte, schrittweise erreichbare und rasch erfolgreiche Ziele. Diese sind gemeinsam mit den Unternehmen und den Frauen zu erarbeiten und prozessorientiert zu begleiten. Die erreichten Ziele sind auch laufend zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Erfahrung mit der Zielgruppe der bildungsbenachteiligten Frauen zeigt, dass niederschwellige methodisch-didaktische Ansätze für Beratungs- und Weiterbildungsangebote zur Anwendung kommen müssen und dann auch gerne in Anspruch genommen werden.

Das bedeutet unter anderem, dass die Teilnehmerinnen aktiv eingebunden werden?

Genau. Beispielsweise werden bei der Vorbereitung jene Themen gewählt, welche die Lebenssituationen der Teilnehmerinnen widerspiegeln und einen Bezug zum jeweiligen beruflichen Alltag herstellen. Da können die Frauen anknüpfen und eigene Erfahrungen einbringen. Darüber hinaus achten wir auf die Barrierefreiheit in der Sprache, das bedeutet, unsere Lernunterlagen wurden auch in einfacher, leichter Sprache erstellt. Mit Bildern und/oder Piktogrammen versuchen wir, den Lerneinstieg und -erfolg der teilnehmenden Frauen zu erleichtern. Die Teilnehmerinnen werden dort abgeholt, wo sie gerade stehen, ihre individuellen Bedürfnisse werden berücksichtigt. Ziel ist, dass der Nutzen des Erlernten sowohl für den beruflichen Kontext, als auch für die persönliche und betriebliche Weiterentwicklung nutzbar wird, das motiviert einfach mehr. Die Dauer und Intensität der Angebote ist so gestaltet, dass strukturelle und individuelle Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, Belastungsgrenzen werden als Benchmark erkannt.

Welche Rahmenbedingungen müssen seitens der Unternehmen geschaffen werden?

Strukturelle Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Umsetzung der Angebote am Arbeitsplatz, in der Arbeitszeit und die Anpassung an die Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen, sind  wichtige Voraussetzungen. Die Frauen werden dadurch umfassend angesprochen und motiviert und können weitere wichtige Schritte in Richtung Entwicklung und Karriereplanung setzen. Die Mobilität der Zielgruppe ist ebenfalls zu berücksichtigen. Zahlreiche Frauen, die in Niedriglohnberufen arbeiten, sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Für viele stellt es ein großes Hindernis für die Teilnahme an Beratungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen dar, wenn sie vor oder nach der Arbeitszeit an den Betriebsstandort oder einen anderen Schulungsort kommen müssen, um teilnehmen zu können. Daher erscheint als wichtige Rahmenbedingung, Coachings und Workshops auch am Arbeitsplatz (z.B. in der Reinigungsbranche an den Standorten von Kund*innen) durchzuführen. Hier bedarf es im Vorfeld natürlich einer Abklärung und der Vereinbarung mit dem Betrieb und den Kund*innen. Wenn geeignete Räumlichkeiten dafür zur Verfügung gestellt werden können, ist das ideal.

Welchen Anspruch verfolgt FairPlusService bei der Umsetzung der Beratungsangebote?

In der Beratung für Unternehmen und für Mitarbeiterinnen, in den Workshops, Coachings und Training wie auch in den Unterlagen achten wir darauf, gendergerechte Sprache und Bildsprache zu verwenden, um Frauen und ihre Beiträge sichtbar zu machen. Dies trifft sich mit unseren Projektzielen der Sensibilisierung und dem Ziel unserer Öffentlichkeitsarbeit, Leistungen von Frauen sichtbar zu machen. Darüber hinaus wollen wir Vielfalt und Potenziale aufzeigen und die unverzichtbaren und systemrelevanten Beiträge von Unternehmen und Frauen in Branchen wie Tourismus, Handel, Reinigung, Gesundheits- und Sozialwesen oder Warenproduktion in den Fokus rücken. Geschlechtsstereotype Beschreibungen und Bilder sowie Generalisierungen sind zu vermeiden. So können wir vielfältige Perspektiven aufzeigen. Inhaltlich wird auf die Lebensrealität und die Interessen der Teilnehmerinnen eingegangen. Wir verfolgen auch einen inklusiven Ansatz, das heißt, der niederschwellige Zugang und die Teilhabe an den Angeboten sollen ermöglicht werden. Stereotype Bilder und Zuschreibungen, zum Beispiel geschlechtsspezifische Rollenbilder in den angesprochenen Branchen, werden laufend reflektiert und in weiterer Folge dekonstruiert. Unser Zugang, der Vielfalt berücksichtigt, positiv wahrnimmt und als Potential nützt, trägt dazu bei, dass stereotype Zuschreibungen weniger wirksam werden können.

Was kann beim Aufbau von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen außerdem unterstützen?

Die Einbindung von Role Models und die Erfolgsgeschichten von Unternehmen und Frauen, von Vorbildern aus dem Berufsbereich, ist ein wichtiges didaktisches Mittel zur Ermutigung. In einem Klima von Offenheit, Sicherheit und Akzeptanz können Auswirkungen der traditionellen Rollenbilder thematisiert bzw. diskutiert und neue Rollenbilder für Frauen entwickelt werden. Klischeehafte Selbstzuschreibungen von vorhandenen oder fehlenden Kompetenzen, wie z.B. die Aussagen „Ich kann nur das …“ oder „Das kann ich nicht …“ werden reflektiert, überprüft und gegebenenfalls an die Realität angepasst. Misserfolge und Fehler können auch als Teil eines Erkenntnisprozesses und als Lernerfahrungen wahrgenommen werden. Die Erfahrungen daraus sind sehr oft Grundlagen für positive Kompetenzerweiterungen.

Bettina Behr (Mag.a Dr.in) FairPlusService-Projektleiterin, entwickelt und leitet seit mehr als zwanzig Jahren soziale und kulturelle Projekte mit den Schwerpunkten arbeitsmarktpolitische Frauenförderung, Gleichstellung, Beratungs- und Öffentlichkeitsarbeit und war 2017-2019 Leiterin des ESF-Pilotprojekts FairPlusCleaning. 

Das Interview führte Andrea Burchhart (Mag.a), Öffentlichkeitsarbeit FairPlusService.

 

Ein wichtiger Schwerpunkt von FairPlusService ist es, Aus- und Weiterbildung von gering qualifizierten und dequalifiziert beschäftigten Frauen zu unterstützen, da diese Mitarbeiterinnen bisher wenig Zugang zu Bildungsangeboten haben. „Die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen des Berufs-, Familien- und Privatlebens ist noch nicht erreicht“, attestiert FairPlusService-Projektleiterin Bettina Behr. Auch beim Thema Weiterbildung werden bildungsbenachteiligte Frauen oft zu wenig angesprochen oder zur Teilnahme ermuntert. Im Interview gibt die Expertin Antworten auf die brennendsten Fragen.

Wo liegen die Gründe für Bildungsbenachteiligung?

Bettina Behr: Oft werden Frauen von herkömmlichen Bildungsangeboten nicht direkt angesprochen oder sie können sich Weiterbildung nicht leisten. Vielfach sind sie mit Vereinbarkeitsthemen und auch familiären Widerstand konfrontiert, die eine Teilnahme verhindern. Eine zusätzliche Hürde sind negative Lernerfahrungen aus der Schulzeit wie z.B. die Angst vor Prüfungssituationen oder Ähnliches, die im Erwachsenenalter nicht einfach überwunden werden können.

Wie können Frauen ohne formal abgeschlossene Ausbildung für Weiterbildungsmaßnahmen begeistert werden?

Es ist zum einen notwendig, die Unternehmen als wesentliche Entwicklungspartner*innen für die Frauen zu gewinnen. Das Zutrauen und die Unterstützung der Unternehmensleitungen und Personalverantwortlichen sind dabei enorm wichtige Faktoren. Zum anderen sind Beratungs- und Weiterbildungsangebote methodisch und didaktisch sowohl für die Unternehmen wie auch für Mitarbeiterinnen nach den Prinzipien der Querschnittsthemen Gleichstellung, Chancengleichheit, Gender Mainstreaming und Diversity Management zu planen und umzusetzen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Gender Mainstreaming und Diversity Management? 

Gender Mainstreaming zielt darauf, Strukturen zu schaffen, die die gleiche Teilhabe von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen ermöglichen. Beim Diversity Management stehen die Unterschiede und die Vielfalt von Menschen im Mittelpunkt. Das Ziel ist hier, Verschiedenheit positiv wahrzunehmen, wertzuschätzen und als Potenzial für Innovation und Weiterentwicklung zu sehen.

Verstehe. Aber was braucht es konkret, damit Qualifizierung gelingen kann?

Wie gesagt, eine wichtige Voraussetzung für die berufliche Weiterentwicklung und Höherqualifizierung von Frauen in Niedriglohnbranchen ist es, die Unternehmensleitungen und Personalverantwortlichen für unsere Analyse- und Beratungsangebote zu gewinnen. So kann Sensibilisierung erreicht werden und Möglichkeiten zur strukturellen Veränderung der Unternehmenskultur werden eröffnet. Für die Gewinnung und Einbindung der Mitarbeiterinnen ist es wesentlich, ihre Lebenssituationen und -bedingungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu reflektieren. Beratungs- und Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiterinnen sind so zu konzipieren, dass die individuellen Bedarfe der Frauen sowie mögliche (Lern-)Barrieren berücksichtigt werden. Wichtig ist auch, dass gemeinsam mit den Teilnehmerinnen (wieder) die Lust aufs Lernen gestärkt wird. Sie werden in ihrer Entwicklungs- und Lernkompetenz gefördert und es werden positive Lernerfahrungen geschaffen. Das Konzept des lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernens – Erlernen und Weiterentwicklung von Schlüsselkompetenzen und konsequente Wissenserweiterung – werden sowohl in den Unternehmen wie auch den beschäftigten Frauen kontinuierlich vermittelt.

Was, wenn die betroffenen Frauen nicht wollen, die Förderung gar als Strafe verstehen?

Eine wesentliche Grundvoraussetzung ist die freiwillige Teilnahme an Beratungs- und Coaching-Angeboten. Es braucht die Unterstützung von der Unternehmensseite, das Interesse Neues zu lernen zu wecken und zu fördern. Auch der Wunsch sich weiterzuentwickeln ist eine wichtige Motivation für die Teilnehmerinnen. Lernen lernen benötigt auch klar definierte, schrittweise erreichbare und rasch erfolgreiche Ziele. Diese sind gemeinsam mit den Unternehmen und den Frauen zu erarbeiten und prozessorientiert zu begleiten. Die erreichten Ziele sind auch laufend zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Erfahrung mit der Zielgruppe der bildungsbenachteiligten Frauen zeigt, dass niederschwellige methodisch-didaktische Ansätze für Beratungs- und Weiterbildungsangebote zur Anwendung kommen müssen und dann auch gerne in Anspruch genommen werden.

Das bedeutet unter anderem, dass die Teilnehmerinnen aktiv eingebunden werden?

Genau. Beispielsweise werden bei der Vorbereitung jene Themen gewählt, welche die Lebenssituationen der Teilnehmerinnen widerspiegeln und einen Bezug zum jeweiligen beruflichen Alltag herstellen. Da können die Frauen anknüpfen und eigene Erfahrungen einbringen. Darüber hinaus achten wir auf die Barrierefreiheit in der Sprache, das bedeutet, unsere Lernunterlagen wurden auch in einfacher, leichter Sprache erstellt. Mit Bildern und/oder Piktogrammen versuchen wir, den Lerneinstieg und -erfolg der teilnehmenden Frauen zu erleichtern. Die Teilnehmerinnen werden dort abgeholt, wo sie gerade stehen, ihre individuellen Bedürfnisse werden berücksichtigt. Ziel ist, dass der Nutzen des Erlernten sowohl für den beruflichen Kontext, als auch für die persönliche und betriebliche Weiterentwicklung nutzbar wird, das motiviert einfach mehr. Die Dauer und Intensität der Angebote ist so gestaltet, dass strukturelle und individuelle Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, Belastungsgrenzen werden als Benchmark erkannt.

Welche Rahmenbedingungen müssen seitens der Unternehmen geschaffen werden?

Strukturelle Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Umsetzung der Angebote am Arbeitsplatz, in der Arbeitszeit und die Anpassung an die Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen, sind  wichtige Voraussetzungen. Die Frauen werden dadurch umfassend angesprochen und motiviert und können weitere wichtige Schritte in Richtung Entwicklung und Karriereplanung setzen. Die Mobilität der Zielgruppe ist ebenfalls zu berücksichtigen. Zahlreiche Frauen, die in Niedriglohnberufen arbeiten, sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Für viele stellt es ein großes Hindernis für die Teilnahme an Beratungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen dar, wenn sie vor oder nach der Arbeitszeit an den Betriebsstandort oder einen anderen Schulungsort kommen müssen, um teilnehmen zu können. Daher erscheint als wichtige Rahmenbedingung, Coachings und Workshops auch am Arbeitsplatz (z.B. in der Reinigungsbranche an den Standorten von Kund*innen) durchzuführen. Hier bedarf es im Vorfeld natürlich einer Abklärung und der Vereinbarung mit dem Betrieb und den Kund*innen. Wenn geeignete Räumlichkeiten dafür zur Verfügung gestellt werden können, ist das ideal.

Welchen Anspruch verfolgt FairPlusService bei der Umsetzung der Beratungsangebote?

In der Beratung für Unternehmen und für Mitarbeiterinnen, in den Workshops, Coachings und Training wie auch in den Unterlagen achten wir darauf, gendergerechte Sprache und Bildsprache zu verwenden, um Frauen und ihre Beiträge sichtbar zu machen. Dies trifft sich mit unseren Projektzielen der Sensibilisierung und dem Ziel unserer Öffentlichkeitsarbeit, Leistungen von Frauen sichtbar zu machen. Darüber hinaus wollen wir Vielfalt und Potenziale aufzeigen und die unverzichtbaren und systemrelevanten Beiträge von Unternehmen und Frauen in Branchen wie Tourismus, Handel, Reinigung, Gesundheits- und Sozialwesen oder Warenproduktion in den Fokus rücken. Geschlechtsstereotype Beschreibungen und Bilder sowie Generalisierungen sind zu vermeiden. So können wir vielfältige Perspektiven aufzeigen. Inhaltlich wird auf die Lebensrealität und die Interessen der Teilnehmerinnen eingegangen. Wir verfolgen auch einen inklusiven Ansatz, das heißt, der niederschwellige Zugang und die Teilhabe an den Angeboten sollen ermöglicht werden. Stereotype Bilder und Zuschreibungen, zum Beispiel geschlechtsspezifische Rollenbilder in den angesprochenen Branchen, werden laufend reflektiert und in weiterer Folge dekonstruiert. Unser Zugang, der Vielfalt berücksichtigt, positiv wahrnimmt und als Potential nützt, trägt dazu bei, dass stereotype Zuschreibungen weniger wirksam werden können.

Was kann beim Aufbau von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen außerdem unterstützen?

Die Einbindung von Role Models und die Erfolgsgeschichten von Unternehmen und Frauen, von Vorbildern aus dem Berufsbereich, ist ein wichtiges didaktisches Mittel zur Ermutigung. In einem Klima von Offenheit, Sicherheit und Akzeptanz können Auswirkungen der traditionellen Rollenbilder thematisiert bzw. diskutiert und neue Rollenbilder für Frauen entwickelt werden. Klischeehafte Selbstzuschreibungen von vorhandenen oder fehlenden Kompetenzen, wie z.B. die Aussagen „Ich kann nur das …“ oder „Das kann ich nicht …“ werden reflektiert, überprüft und gegebenenfalls an die Realität angepasst. Misserfolge und Fehler können auch als Teil eines Erkenntnisprozesses und als Lernerfahrungen wahrgenommen werden. Die Erfahrungen daraus sind sehr oft Grundlagen für positive Kompetenzerweiterungen.

Bettina Behr (Mag.a Dr.in) FairPlusService-Projektleiterin, entwickelt und leitet seit mehr als zwanzig Jahren soziale und kulturelle Projekte mit den Schwerpunkten arbeitsmarktpolitische Frauenförderung, Gleichstellung, Beratungs- und Öffentlichkeitsarbeit und war 2017-2019 Leiterin des ESF-Pilotprojekts FairPlusCleaning. 

Das Interview führte Andrea Burchhart (Mag.a), Öffentlichkeitsarbeit FairPlusService.

 

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